Es ist die klassische David-gegen-Goliath-Geschichte: Eine wackere Kiezbuchhandlung kämpft gegen milliardenschwere, gesichtslose Immobilienspekulanten – jetzt ist sie ohne ein Happy End ausgegangen.

Thorsten Willenbrock steht gegen 11 Uhr an diesem Donnerstag in Moabit sichtlich geknickt am Mikrofon: Das Gericht hat der Räumungsklage der „Victoria Immo Properties V S.a.r.l“ soeben stattgegeben. Zuvor hatte bereits Stefan Klein von der Initiative GloReiche Nachbarschaft, einer der zahlreichen Unterstützer in Willenbrocks Kampf um seine Buchhandlung, vom Prozesshergang berichtet, der unter starken Sicherheitsvorkehrungen und mit streng begrenzter Teilnehmerzahl (Corona!) stattgefunden hatte. Tatsächlich war die Gegenseite – ein Frankfurter Anwaltsteam – auf eigenen Wunsch ausschließlich per Video zugeschaltet und man hatte als Besucher entweder die Wahl, diese zu betrachten, oder aber über einen freigelassenen Spalt der Verhandlung zu folgen. Ein zumindest fragliches Konzept.

Von den rund 150 anwesenden Protestteilnehmer*innen, die sich an diesem Morgen am Kriminalgericht versammelt haben, war die Stimmung munter, auch wenn die realistischen Chancen auf einen Prozessgewinn für die Buchhandlung von allen als sehr gering eingeschätzt wurden. Und so stand dann auch bei den Redebeiträgen, u.a. von Daten-Analyst Christoph Trautvetter vom Netzwerk „Steuergerechtigkeit“ und der Grünen-Bundestagsabgeordneten Canan Bayram eher dies im Vordergrund: Durch sichtbaren Protest das Verfahren und die Zustände zu kritisieren, die es ermöglichen, Mietforderungen ins Astronomische zu steigern und Immobilien in einem Kiez wie dem in der Oranienstraße als reine Spekulationsobjekte zu betrachten, aus denen die Mieter nach Belieben herausgedrängt werden können.

Für Kisch & Co. scheint das in der Oranienstraße nun unausweichlich. Willenbrocks Anwalt erklärte noch, über weitere Schritte wie z.B. die Anrufung des Berliner Kammergerichts zu beraten. Für die unabhängigen Gewerbetreibenden in Berlin bleibt es: Ein Schlag ins Kontor.

Update: Wie der RBB und die Berliner Zeitung am 21. August übereinstimmend meldeten, konnte die eigentlich für den kommenden Dienstag, 24. August, angesetzte Zwangsräumung nun verhindert werden. Offenbar konnte ein neuer Mietvertrag zum 1. September in direkter Nachbarschaft, der Oranienstraße 32, geschlossen werden – mit der Deutsche Wohnen.